Impuls-Gedanken in der vorösterlichen Zeit zum 1. Fastensonntag
Die Wüste als Urlaubserlebnis ist faszinierend und als fotographisches Motiv beeindruckend. Aber Wüste als Lebenssituation – das ist bedrückend. Mancher fühlt sich in seinem Leben wie in einer Wüste, in der er hungert, verdurstet, in der er umzukommen droht, in der die wilden Tiere (Wildnis) wach werden, in der man vergeblich nach den „Engeln“ ausschaut, die einem helfen könnten.
Über Nacht kann jeder in der Wüste einer schweren Krankheit landen oder sich von heute auf morgen in der Wüste der Arbeitslosigkeit, der Einsamkeit, der Trauer, des Verlustes und Alleinseins wiederfinden.
Nicht nur als Einzelne, auch als Gesellschaft können wir uns in der Wüste wiederfinden. Ich befürchte manchmal, dass unsere Gesellschaft zumindest am Rand der Wüste ist. Vieles was das Leben lebenswert, reich und blühend macht, ist sozusagen „abgeholzt“, ist verlorengegangen. Vielleicht ist diese Wüste am ehesten durch das zu erkennen, was das Evangelium am 1. Fastensonntag in dem Bild „Wüste“ beschreibt. Die Wüste ist nun mal ein unsicherer Ort, auch ein Ort, wo das Wilde aufbricht. Und es gibt viel Wildes, mit dem wir in unserer Gesellschaft leben müssen: Ich denke an die brutale Gewalt, von der wir jeden Tag hören und sehen. Ich denke an den Missbrauch von Frauen und Kindern, die „den wilden Tieren“ ausgeliefert sind. Ich denke an das Wilde der Profitsucht, das vieles zerstört. Wirklich, an Wildem fehlt es nicht in der Wüste unserer Zeit und Welt.
Die Wüste stellt jeden Menschen auf harte Proben. In der Wüste fallen Sicherheiten und Annehmlichkeiten weg.
Wenn wir am Aschermittwoch die Fastenzeit begonnen haben, dann war das auch ein Schritt in die Wüste. Es kann so etwas sein wie der freiwillige Schritt Jesu in die Wüste. Ich verzichte in dieser Zeit auf manches, was ich im Alltag für so selbstverständlich halte. Die Wüste der Fastenzeit will vorbereiten auf das, was wir am Ostermorgen feiern möchten: das Leben und einen Gott des Lebens. Ihm sollen wir auf der Spur bleiben, auch wenn diese Spuren im Sand der Wüste oft kaum oder gar nicht mehr zu erkennen sind. Unser Gott ist ein Gott des Lebens und fürs Leben.
Ich wünsche uns allen die Erfahrung, Wüsten im eigenen Leben durchzustehen.
Eine gesegnete Fastenzeit wünscht
P. Wendel
Text: P. Wendel; Bild von der Künstlerin Andrea Zrenner (Regensburg)